Mittwoch, 9. Januar 2013

Ich bin wie meine Mutter

Oder mein Vater.
Also, hypersensibel wie mein Dad, der das auf sehr anstrengende Weise auslebt. Stark sein aber doch permanent verletzt. Und bedürfnislos wie meine Ma, die aus einer fast ihre schwerst chronisch kranke Mutter tötenden Schwangerschaft in eine Welt geboren wurde, in der ihre Schwester und sie nicht so viel Chance auf Erfüllung von Träumen und Wünschen hatte. Und doch ist sie zufriedener und macht aus ihrem Leben das Beste.

Was bedeutet diese Mischung nun für mich? Ich bin, das hat mit Sicherheit epigenetische Gründe, man hat die Krankheiten und Dramen der Vorfahren in den Genen geerbt, anfällig für alle möglichen Krankheiten. Von der Depression vor 15 Jahren über langwieriges Pfeiffersches Drüsenfieber vor 10, bis zu unendlichen Magen-Darmgeschichten aufgrund von 40 Jahren unerkannter Fructoseunverträglichkeit. Erkältungen sind weniger geworden, seit ich konsequent viel an der frischen Luft bin, aber bei anderen Viren schreie ich gern noch 'hier'. Und fühle mich schuldig. Dass ich schon wieder krank bin. Schon wieder (als Kind) meinen eh schon stark eingespannten Eltern zur Last falle. Dass sich schon wieder jemand um mich kümmern muss, und sei es nur meine Ärzte. Andererseits war es auch für mich früher eine der wenigen Möglichkeiten, mal stopp zu schreien und mich bei Überforderung zurückziehen zu dürfen. Meine Eltern haben ja nicht mal meine riesige Schulangst bemerkt. Nicht, dass ich frühmorgens schon mit Durchfall auf dem Klo saß oder halbe Blackouts vor lauter Prüfungsangst hatte. Bei Andeutungen wurde sofort radikal ein Schulwechsel ins Auge gefasst, aber dann hätte ich ja alle meine Freundinnen, wenig genug waren es, verloren. Hätte vielleicht Sinn gemacht, aber die Art und Weise, nicht genauer nachzufragen und sofort Lösungen von mir einzufordern, hat mich verstummen und meinen Kummer wieder in mich reinfressen lassen. Oder krank werden. Aber selbst da durfte ich nicht einfach Bauchweh haben, sondern wurde gleich auf Blinddarmentzündungssymptome getestet. Alle wurde immer groß aufgeblasen, dabei hätte ich kleine Anerkennungen und ein bisschen mehr genaueres Hinsehen gebraucht. Aber das haben meine Eltern nie gelernt. Woher auch?

Also habe ich mich weiter gnadenlos überfordert mit dem Anspruch an mich, alles allein durchzuziehen. Kapiert ja eh keiner, was mit mir los ist. Also was solls? Sollen sie mich alle in Ruhe lassen, enttäuschen mich ja eh nur.

Und wenn nicht mal meine Eltern sehen, was los ist...

Beim Wiener hab ich's zum letzten Mal versucht. Versucht, mich zu erklären. Kommentiert mit 'ich solle mich nicht selbst so stilisieren' statt nachzuhaken. Seitdem hab ich es aufgegeben. Und dann kam da Mr.Bickle. Und der hat mir mit wenigen Sätzen und Fragen am ersten Tag gezeigt, dass es Menschen gibt, die es sehen könnten. Die es verstehen könnten. Statt da weiterzumachen und ihm zu zeigen, wer ich bin, hab ich auch bei ihm die Starke gespielt. Und er hat's gefressen. Um die muss man sich nicht kümmern. Trotzdem hat er mich in den letzten Monaten wie eine Königin behandelt, wenn er hier war. Hat das angebetet, was er durfte. Ja, ich hab schlussendlich das eingefordert, was ich immer schon wollte. Aber zu spät. Ich hatte mich vorher einfach nicht getraut. All die Jahre nie gewagt zu sagen, du wenn du nur eine Stunde Zeit hast, vergiss es, ich möchte den Tag mit dir verbringen. Nein, ich habe die Krümel genommen, die er zu geben hatte, dankbar für das bisschen. Weil ich mir mehr nicht wert war. Und wieso sollte es ihm dann mehr wert sein?

Ich möchte mich niemand zumuten. So kränklich, schwierig, kompliziert. Wenn einem sogar der eigene Vater sagt, irgendwas würde wohl mit mir nicht stimmen, weil keiner mich wollen würde, dann muss ich ja so einen dermassenen Haken haben, dass es eben nicht geht mit mir.

Und ja, ich bin zu gewissen Kompromissen einfach nicht bereit und erwarte viel von einem Mann. Nur nicht das, was ich bräuchte. Schlicht ungeteilte Zuneigung und dass er mich genau so liebt, wie ich bin. Das kann ich nicht zulassen. Ich bin nicht gut genug.

Mist, ich dachte, das hätte ich hinter mir. Dieses 'ich muss perfekt sein bevor mich jemand lieben kann'. Mist Mist Mist. Sitzt doch noch drin. An alle meine Freunde, ganz so schlimm ist es nicht mehr. Ich habe gelernt, mit Zuneigung umzugehen. Obwohl ich immer noch mit Ablehnung rechne. Gemobbtes Kind halt. Aber ich bin bei Enttäuschungen immer noch ziemlich schnell bereit, aufzugeben und abzuhauen. Ist einfacher.

Sorry Baby, auch wenn es so aussieht, als würde ich mehr an dir hängen als du an mir, als hätte ich mehr dazugetan, dass das all die Jahre nicht aufgehört hat, du hast mich irgendwie nie aufgegeben. Jetzt grade hab ich dir allerdings nichts mehr zu geben. Pulver verschossen. Ob ich das kann, wirklich reden und dir zuhören und mich auf dich einlassen? Ich muss mich immer noch viel zu sehr selbstverteidigen. Abwehren, losschlagen und es kontrollieren. Dabei sollte ich dich machen lassen, loslassen, dann hat's immer funktioniert. Und ich muss dich endlich anrufen. Das ist das einzig Ehrliche.

2 Kommentare:

  1. Ich wünsche dir auch eine gutes Neues, noch kann man das ja. Und dass du den Anruf machst und lernst, dich anderen zuzumuten. Wobei ich weiß, dass das Allerschwerste ist, wenn man bereits sein ganzes Leben als "Zumutung" verbracht hat, die versucht, andere nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. ; ) Ich sag' mal nicht "das wird schon". Aber ich drück die Daumen.
    Liebe Grüße
    Nicola

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  2. Danke dir, ich weiß auch nicht, warum ich, die ich witzig, intelligent und attraktiv bin immer denke, dass andere mich als anstrengend empfinden könnten. Vielleicht, weil ich es des öfteren zu hören kriege? Aber was ich vergesse ist, dass auch ich andere als anstrengend empfinde und sie doch gern um mich habe. Und mir auch ohne zu zögern ihre Probleme anhöre. Aber so ist das wohl, wenn die Eltern versuchen, alle zu tun, um ein tolles Leben aufzubauen. Für später. Und dabei das JETZT vergessen.
    Hab schon angerufen. Ist nicht zuhause.
    KisskissLizz

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