Sonntag, 18. Mai 2014

Das üben wir nochmal...

...das mit dem Kennenlernen und so.

Von jeher definieren sich meine Beziehungen über Sex. Hat sich mein Lieblingsexverlobter noch wirklich in mich verliebt und wollte mehr, also mehr als meinen Körper, und hatte ich bis dahin irgendwie das Gefühl, Sex ohne Liebe ginge nicht, ist seitdem das Verliebtsein zu kurz gekommen.

Ja, ich war oft verknallt. Und da gehört für mich auch sehr schnell der Sex dazu. Weil ich nie gelernt habe, auch ein bisschen rational zu sein, erst einmal genauer hinzusehen, ob ich die Anziehungskraft eines Mannes auf mich nicht überschätze. Ich habe mir selten die Zeit genommen, genauer hinzusehen. Ob ich den Kerl zum Beispiel wirklich MAG. Ob er, ob ich seine Freunde (wenn ich die überhaupt je zu Gesicht bekommen habe. Also eher nein) mag. Ob das passen könnte oder ob da Welten aufeinander prallen, die schwierig zu kombinieren sind (also eher Ja....). Ich habe mir nie die Zeit genommen, die Kerle wirklich kennenzulernen, bevor ich mich in die Idee verliebt habe, dass da was laufen könnte. Nein, ich hab sie mit in mein Bett genommen und gedacht, der Rest würde sich dann schon ergeben.

Hätte auch passieren können, wenn sich dann mal einer wirklich verliebt hätte. Bicklchen war verliebt, ganz am Anfang. Und den habe ich ja auch noch am Set kennengelernt, beim Arbeiten. Das hat alles einfacher gemacht, da erfährt man automatisch viel über die Leute und muss nicht ewig daten. Allerdings kam der gerade aus einer echt merkwürdigen Kiste und hätte tatsächlich mehr Zeit gebraucht, um das erstmal zu verarbeiten. Hat er mir nur halt 5 Jahre zu spät gesagt. Und damals schlicht Schluß gemacht, statt darüber zu reden. Ich bin ja auch keine Heldin, was das angeht. Reden. So wirklich. Jemand nahe genug an mich ranlassen, dass der sehen könnte, wer ich bin. Klar gebe ich viel von mir preis. Was Sexualität angeht, bin ich zum Beispiel sehr offen. Kann man immer mit mir drüber reden. Ich habe mal die Definition meines chinesischen Strenzeichens Hahn gefunden, die sehr schön passt. Man wird immer das schillernde Gefieder sehen, und der Hahn kräht auch gerne heraus, was er so draufhat. Aber wehe, man rupft ein bisschen an seinen Federchen, da isser weg. Er lässt sich nicht gern in die Karten schauen.

Gestern bei einem Essen mit einer Freundin und ihrem neuen Freund und dessen bestem Kumpel hat der mich doch glatt zu analysieren versucht. Hat herausgefunden, was ich armes Ding, das ich ja mit dem Essen so aufpassen muss, tun könnte um mich besser zu fühlen. Sauna oder so. Das ist süß von ihm, aber es hat mich etwas irritiert, dass ein Mann, den ich nicht kenne, versucht mir zu sagen, was ich tun soll. Da hab ich seit meinem Wiener eine Sperre. Und generell ein Allergie gegen gutgemeinte Ratschläge. Aber ich war brav und habe mitgespielt. Auch mal schön, so beziehungsfähige Jungs um sich zu haben.

Mr.Bickle oder Mr.Desaster sind da ja eher so, dass sie einen in Ruhe lassen. Nix fragen, nix sagen. Jeder erzählt ein bissl von sich, das was er so erzählen möchte. Ansonsten wird nicht nachgehakt und wohl auch nicht weiter nachgedacht und man nimmt Mensch und Situation halt, wie's grad so kommt. Eher so Einzelkämpfer, die aufeinanderprallen. Muss man sich dann auch nicht weiterentwickeln oder gar verändern, kann in seinem Ding einfach drinbleiben und wenn es nicht funktioniert, einfach mit jemand anders von vorn anfangen.

Und einzelkämpfen kann ich. Seit meiner Kindheit bin ich da richtig gut drin. Und ich mag das. Diese Gefühl, ich schaffe alles alleine, ich komme klar, brauche niemanden. Das ist anstrengend und führt dazu, dass ich gerne auch mal mit verstopften Abflüssen kämpfe und mich einsaue, aber hinterher habe ICH das gemeistert und was gelernt und musste niemand um Hilfe bitten, niemand mit meinem Problem belästigen. Ich mag mich nicht aufdrängen. Da sitzt immer noch tief drin das gemobbte kleine Mädchen, das damit rechnet, dass es auf Ablehnung stoßen wird. Und ich lebe ja auch seit 18 Jahren allein, da ist einfach niemand da, der schnell mal zur Hand gehen kann. Es würde bedeuten, ich müsste warten, bis jemand Zeit hat, etwas verabreden, was wiederum meine Freiheit einschränken würde. Ich mag es nämlich auch nicht, verplant zu sein. Was, wenn ich etwas ausmache und dann zu dem Zeitpunkt keine Lust mehr habe? Oder nicht fit bin? Meine Restdepression zuschlägt und sich mir quer in den Weg stellt, mich wieder mit dieser Tür konfrontiert, durch die ich zwar inzwischen relativ locker gehe, die aber auch als Erinnerung wie ein Barriere in meinem Hirn sitzt. Die Erinnerung daran, wie es war, es endlich von der Couch runter geschafft zu haben, angezogen dazustehen und dann doch zu entscheiden, dass es nicht geht, dass ich die Wohnung nicht verlassen kann, dass ich keine Kraft habe, die Klinke zu drücken und mich doch besser wieder ausziehe und einfach wieder den Fernseher anmache.

Lieber nicht die Herausforderung suchen. Lieber spontan entscheiden, dass ich JETZT die Kraft und die Lust dazu habe, Menschen zu treffen, mich der Gefahr auszusetzen, mich auf neue Leute einstellen zu müssen. Was ich tatgtäglich als Verkäuferin in einer sehr anpruchsvollen Umgebung richtig gut kann. Und noch besser als Visagistin. Aber damit sind meine Reserven meistens auch schon erschöpft und ich möchte dann nicht mehr funktionieren müssen, sondern nur sein. Und da ist es einfacher, wenn mich ein Mr.Desaster mit seinem Quatsch zum Lachen bringt und ich nicht wirklich nachdenken muss. Der zieht seine Show durch und ich muss nicht agieren, sondern darf Publikum sein. Und das, was ich eigentlich neben meiner Gockel-Show bin: Stille Beobachterin, vorsichtig (der Kerl von meiner Freundin hat das echt gut beobachtet und mir auch gesagt) und eher schüchtern. Ja, ich habe schon als Kind gelernt, das zu überspielen, aber seit ich im Laden den ganzen Tag die toughe Allwissende sein darf, habe ich lang nicht mehr so viel Rede- und Sendungsbedarf wie früher.

No more Superwoman. eine Definition, die meine Freundin für die lauten, alles könnenden und alles wissenden und alles schon mal gemacht habenden Bekannten benutzt, die ihre Powershow auch privat nicht abstellen. Ja, ich war auch mal so. Inzwischen kann ich es aber auch geniessen, wenn andere das Kommando haben und ich einfach mitmachen darf. Das fühlt sich gut an. Manchmal schlüpft Superwoman noch durch, aber ich spüre, wieviel ruhiger ich geworden bin.

Auch wenn das heißt, ich muss abwarten, was kommt. Silberrücken hat sich nicht mehr gemeldet nach meiner spontanen Stippvisite. Mr.Desaster sagt deutlich, dass er nicht zur Verfügung steht und momentan steht nix Neues auf der Liste. Nur ein Bedürfnis keimt in mir auf. Den nächsten Mann bitte wirklich kennenlernen zu wollen. Herauszufinden, wie er tickt, was er mag, Zeit mit ihm zu verbringen, bevor mehr passiert. Weil ich inzwischen darauf vertraue, dass ich einen Mann auch mit anderen Qualitäten von mir überzeugen kann, als einfach nur mit Sex. Obwohl ich darin wirklich großartig bin....

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